Nur einen Tag nach Bronze für Shamil Borchashvili bis 81 Kilo hat Österreich bei den Olympischen Spielen in Tokio die nächste Judo-Medaille geholt – Silber für Michaela Polleres! Die aktuelle WM-Dritte vom JC Wimpassing musste sich nur im Finale der Klasse bis 70 Kilo der japanischen Weltmeisterin von 2017 und 2018, Chizuru Arai, mit Waza-ari geschlagen geben. Zuvor gewann Polleres ihre drei Pool-Kämpfe, wobei ihr die Revanche für die vor sieben Wochen nach über sieben Minuten erlittene Semifinal-Niederlage gegen die spätere Weltmeisterin Barbara Matic (CRO) gelang. Und im Semifinale warf Michi die aktuelle Europameisterin Sanne van Dijke (NED) mit Waza-ari – also an einem Tag Welt- und Europameisterin geschlagen! Übrigens gab es zwei Judo-Medaillen bei Olympia erst einmal – 1984 in Los Angeles mit Gold und Bronze.
Polleres startete mit einem Waza-ari-Sieg über die Irin Megan Fletcher, gegen die sie schon bei der WM im Kampf um Bronze gewonnen hatte. Danach traf sie auf die Südkoreanerin Seongyeon Kim, gegen die sich Michaela recht schwer tat. Nach 1:36 Minuten im Golden Score gelang der Österreicherin aber die entscheidende Wertung. Im Duell mit der ersten kroatischen Judo-Weltmeisterin machte Polleres nach 30 Sekunden einen schnellen Waza-ari und arbeitete auch gut am Boden. Ein von der Kampfrichterin gegebenes zweites Waza-ari, 58 Sekunden vor dem Ende, wurde nach Videobeweis zurückgenommen. Aber Polleres brachte ihren Vorsprung gekonnt über die Zeit. Damit stellte die an Nummer 5 gesetzte ÖJV-Judoka gegen Matic im Head-to-Head auf 4:3 Siege. “Wir haben uns gegen die Linkskämpferin Matic eine gute Taktik zurecht gelegt, sie ist aufgegangen”, sagte Polleres. Nach der Niederlage im Finale, in dem sie gegen die Japanerin nicht wirklich eine Chance hatte, blieb Polleres gelassen: “Unglaublich, was ich da geleistet habe! WM-Bronze vor einigen Wochen in Budapest hat mir gezeigt, dass ich jede schlagen kann. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben. ” Nach der Siegerehrung zeigte Michi stolz ihre Silbermedaille und war beeindruckt. “Da oben auf dem Podest zu stehen, noch dazu bei Olympischen Spielen, ist etwas Besonderes! Ich war zwar nach der Final-Niederlage kurz enttäuscht, freue mich jetzt aber total über die Silbermedaille!”
ÖOC-Präsident Karl Stoss, sein Generalsekretär Peter Mennel und ÖJV-Präsident Martin Poiger waren die ersten Gratulanten. Und natürlich auch ÖJV-Headcoach Yvonne Bönisch. “Ich habe es Michaela zugetraut, dass sie hier eine Medaille holen kann. Sie hat großartig gekämpft!” Großen Anteil an diesem Erfolg hat aber auch Michis Heimtrainer Adi Zeltner in Wimpassing. Wie verflogen sind die psychischen Probleme, die sie von der EM 2020 bis zur EM 2021 mit vier Erstrunden-Niederlagen gegen die Slowenin Anka Pogacnik hatte. Pogacnik war nicht einmal dabei – und Polleres hat Silber! Wir, die Wiener Judofamilie, gratulieren herzlich und sagen: Michi, du hast nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen!
Das zweite Frauen-Semifinale bestritten die Russin Madina Taimazowa und die spätere Olympiasiegerin. Es dauerte insgesamt 16:41 Minuten, ehe Arai als Siegerin feststand. Bronze ging letztlich an van Dijke und Taimazowa. Bei den Männern bis 90 Kilo krönte sich der erst 21-jährige Georgier Lasha Bekauri gegen den Deutschen Eduard Trippel zum Olympiasieger. Bronze ging an den Usbeken Davlat Bobonov und an den Ungarn Krisztian Toth. Der topgesetzte Spanier Nikoloz Sherazadishvili und der Niederländer Noel Van T´End, Weltmeister 2019 in dieser Halle, wurden nur Siebente.
Nach fünf Judotagen im Budokan führt Japan (6/1/1) die Medaillenwertung weiter vor dem Kosovo (2 Gold), Frankreich (1/2/1) und Georgien (1/2/0) an. Hinter der Mongolei (0/1/2) ist Österreich (0/1/1) dank Borchashvili und Polleres Sechster.
Am Donnerstag hofft auch Bernadette Graf auf einen erfolgreichen Turnierverlauf und die dritte Judo-Medaille für Österreich bei diesen Spielen. Die Innsbruckerin, die heuer im April nach einem Jahr Verletzungspause bei der EM in Lissabon Bronze geholt hatte, erwischte allerdings ein Hammerlos in der Klasse bis 78 Kilo. Sie bekommt es zunächst mit der Chinesin Zhenzhao Ma zu tun und dann, wenn sie diesen Kampf gewinnt, wartet die französische Weltmeisterin von 2019, Madeleine Malonga. Freitag ist dann noch der Wiener Stephan Hegyi (SC Hakoah) in der Kategorie über 100 Kilo an der Reihe. Er wird wohl im weltweiten Fokus stehen, denn sein Gegner ist der zweimalige Olympiasieger und zehnfache Weltmeister Teddy Riner aus Frankreich, der absolute Star der aktuellen Judo-Welt.
Ergebnisse nach dem 5. Tag
Frauen bis 70 kg:
1. | ARAI Chizuru | JPN |
2. | POLLERES Michaela | AUT |
3. | VAN DIJKE Sanne | NED |
3. | TAIMAZOVA Madina | ROC |
5. | SCOCCIMARRO Giovanna | GER |
5. | MATIC Barbara | CRO |
7. | TELTSIDOU Elisavet | GRE |
7. | BELLANDI Alice | ITA |
Medaillenstand
RG | Nation | Gold | silber | bronze |
---|---|---|---|---|
1. | Japan | 6 | 1 | 1 |
2. | Kosovo | 2 | 0 | 0 |
3. | Frankreich | 1 | 2 | 1 |
4. | Georgien | 1 | 2 | 0 |
5. | Mongolei | 0 | 1 | 2 |
6. | Österreich | 0 | 1 | 1 |
Männer bis 90 kg:
1. | BEKAURI Lasha | GEO |
2. | TRIPPEL Eduard | GER |
3. | BOBONOB Davlat | UZB |
3. | TOTH Krisztian | HUN |
5. | IGOLNIKOV Mikhail | ROC |
5. | ZGANK Mihael | TUR |
7. | SHERAZADISHVILI Nikoloz | ESP |
7. | VAN T END Noel | NED |
Foto oben @Judo Austria Fotos Siegerehrung @IJF Media